BOY

Interview

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Nach ihrem erfolgreichen Debütalbum "We Were Here" melden sich Sonja Glass und Valeska Steiner mit ihrem zweiten Album zurück. Wir sprechen mit Sonja über die Einflüsse des neuen Albums, Sehnsüchte und Synthies.

Gratuliere euch zum neuem Album - wie gehst es euch so kurz nach der Veröffentlichung?

Uns geht es gut. Wir gehen in wenigen Tagen auf Tour, darauf haben wir uns sehr lange gefreut. Endlich können wir die neuen Songs live spielen.

Wie ging es euch nach MUTUAL FRIENDS? Ihr seid ja mehr oder weniger von 0 auf 100 gerast – auf Überholspur. War es nach der Tour ein Realitätschock?

Viele denken mit dem ersten Album ging es von jetzt auf gleich. Valeska und ich haben aber mehrere Jahre an dem ersten Album gearbeitet und gleichzeitig sehr viele kleine Konzerte in der Schweiz und in Deutschland gespielt, bevor der „BOYzug“ so richtig an Fahrt aufgenommen hat. Und zweieinhalb Jahre später dann, nach der zweiten grossen Nordamerika-Tour Ende 2013, waren wir erstmal sehr froh, wieder eine Weile zu Hause sein zu können.

Welche Eindrücke haben sich besonders eingeprägt?

Mitsingendes Publikum in Ländern in denen man vorher noch nie war. Fremde Kulturen, andere Bräuche, einfach Eindrücke die man sammelt, wenn man in so viel reist. Aber als Musiker hat man ja meißtens viel zu wenig Zeit sich wirklich was anzusehen in all den Städten durch die man fährt.

In einem Interview sagt ihr ”Wir sind immer sehnsüchtig, wir wissen nur nicht immer genau wonach” – hat sich das ein bisschen gelegt nachdem ihr mir MUTUAL FRIENDS quer durch die Welt getourt seid?

Ich glaube Sehnsucht ist ein Gefühl, das sehr viele Seiten hat. Es gibt so viel nach dem man sich sehnen kann: nach mehr Empathie im eigenen Land für Flüchtlinge, die einen Unterschlupf suchen, nach einem Menschen den man nur selten sieht, nach Dingen die einen erfüllen. Es ist also ein Gefühl das irgendwie ständig bei einem ist.

Welche Dinge wolltet ihr auf eurem zweiten Album anders machen? Gab es eine andere Zugangsweise nach den Erfahrungen von MUTUAL FRIENDS?

In erster Linie ging es uns darum den nächsten Schritt zu gehen. Ich finde es wichtig wenn man sich als Künstler weiter entwickelt und sich nicht ausruht auf dem, was man bisher erreicht hat. Deswegen haben wir es uns nicht leicht gemacht, waren sehr kritisch während der Produktion und haben wirklich jede Mühe auf uns genommen, um wieder ein Album zu machen das uns viel bedeutet.

Auffallend sind die elektronischen Einflüsse auf dem neuen Album, was hat euch dazu bewogen ?

Ich weiß gar nicht genau woher der Begriff „elektronischer“ im Zusammenhang mit unserer Musik kommt. Wir haben, bis auf einen Song, alle Beats mit echtem Schlagzeug eingespielt und überhaupt eigentlich das gleiche Instrumentarium wie auf unserer ersten Platte benutzt.
Das einzige was das zweite von dem ersten Album „soundmäßig“ unterscheidet, ist, dass die Gewichtung der Instrumente ein wenig anders ist. Auf dem zweiten Album haben Synthies etwas mehr Platz und wir haben auch viel mehr Hall benutzt als beim ersten Album. Es ist eben toll, wie unterschiedlich man Instrumente einsetzen und zum klingen bringen kann.

Ihr habt euch – verhältnismässig – lange Zeit gelassen um “Forschungsarbeit” zu betreiben, was kann man sich darunter vorstellen?

Wir arbeiten sehr intensiv und haben von manchen Songs mehrere Versionen gemacht um sie dann wieder komplett zu verwerfen und von vorne anzufangen. Das nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.

Habt ihr auf der Tour bereits begonnen an neuen Sachen zu schreiben und arbeiten? Oder wann fiel der Startschuss zu “Wer Were Here”`?

Es gibt einen Song der noch während der Tourzeit entstanden ist. Er heißt bezeichnender Weise „Hotel“ und beleuchtet verschiedene Zimmer und Personen in einem Hotel. Da wir aber kein Album übers Reisen machen wollten sondern fanden, dass es noch viel spannendere Themen gibt, haben wir erst richtig angefangen zu schreiben, als wir wieder zurück waren.

In der Vergangenheit hattet ihr eine relative strikte Arbeitsteilung - Sonja war für die Musik und Valeska für die Texte zuständig. “Flames” stammt aber aus Sonjas Feder? Wie kam es dazu und wie ist es dir beim Schreibprozess ergangen?

Flames ist ein Song der während einer Schreibphase für das zweite Album entstanden ist.
Der Text, der mich Schweiß und Tränen gekostet hat weil es so anstrengend war das Gefühl auf den Punkt zu bringen, behandelt ein Thema, dass mich in dieser Zeit sehr beschäftigt hat, und lies sich nicht von der Musik trennen. Da Valeska ihn auch sehr gerne mochte, haben wir beschlossen, ein Duett daraus zu machen.

Werdet ihr von nun an auch als Duo an den Texten schreiben?

Wir sind schon immer ein Duo gewesen, das zwar örtlich getrennt von einander schreibt, und bei dem jeder seinen Schwerpunkt hat, was das Songwriting angeht, aber wir besprechen jede Zeile und jeden Akkord. Unsere Zusammenarbeit ist extrem eng und bedarf einer großen Auseinandersetzung, damit wir am Ende ein Ergebnis haben, mit dem wir beide glücklich sind.

Ich empfand Mutual Friends immer mit Sommer und We Were Here eher mit einem regnerischen Frühlingsabend... was ist für euch stimmungsmässig die auffallenste Veränderung?

Wir haben auch das Gefühl, dass das zweite Album etwas dunkler geworden ist. Wir haben viel erlebt und es geschiet sehr viel auf der Welt, was einen ins Grübeln bringt. All das fließt sicher in die Musik ein. Trotzdem war es uns wichtig, dass es kein schweres Album wird. Für uns ist es immer ein Kompliment wenn Leute sagen sie finden Trost in den Songs, aus welchem Grund auch immer.

Ihr habt euch für die Musik beide in Hamburg niedergelassen, könntet ihr euch vorstellen vielleicht gemeinsam in eine andere Stadt zu gehen? London, New York oder Texas sind ja für viele Musiker reizvoll….

Ich glaube dass wir beide gerne das Gefühl haben irgendwo zu Hause zu sein. Wenn man so viel unterwegs ist braucht man eine Basis von der aus man startet, aber zu der man vor allem auch zurück kehren kann. Außerdem sind Valeska und ich inzwischen zwar fast wie Schwestern, aber auch wir haben neben unserer engen musikalischen und privaten Freundschaft noch andere Meschen um uns, mit denen wir dann vielleicht so eine Entscheidung, wie zusammen in ein anderes Land ziehen, eher besprechen würde.

Was steht bis Endes des Jahres noch auf dem Programm?

Zwei Tourneen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Konzerte in Paris, Amsterdam, Brüssel, und zwei Wochen Promo in den USA.

August 2015