Bilderbuch

Interview

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Alle guten Dinge sind bekanntlich drei. Nach “Nelken und Schillinge” und “Die Pest im Piemont” veröffentlicht die österreichische Band Bilderbuch ihr drittes Album “Schick Schock”. Seit 2013 dominiert die Band rund um Charmeur Maurice Ernst die Charts in Österreich, Deutschland und der Schweiz, ihre Singles “Plansch”, “Spliff” und “Om” haben schon jetzt Kultstatus und die Tickets für die anstehende Tour sind in der Zwischenzeit Mangelware. Gitarrist Michael Krammer spricht mit uns über die kreischgelb strahlende Zukunft des Vierergespanns.

Gratuliere zu eurem Erfolgskurs - bleibt momentan noch Zeit zum verschnaufen?

Ja. Aber die muss man sich hart erkämpfen, alle in unserer Clique haben 24/7 zu tun.
Wenn man also sein Ruhe haben will, hört man einfach auf die Telefonrechnung zu bezahlen.
Problema staccato!

Nach acht Jahre Bandgeschichte kam 2013 der stilistische Wandel - was hat euch plötzlich zu Autotune und Co greifen lassen?

Der Wechsel des Songwriting Prozesses in Richtung Computer hat uns ganz einfach sehr viele Möglichkeiten geboten und wir haben uns ihrer bedient. Angefangen hat alles im Spätsommer 2012, als wir den Sound einer Meditationskugel geloopt haben. Peter hat dann einen fetten Synthsound aus seinem Macintosh über diesen Loop gejagt und das war sie, die Entstehung eines Smashers, den die jungen Leute heute Feinste Seide nennen.

Aus aktuellem Anlass - Kanye West oder Paul McCartney?

Rihanna.

War es ein bewusster “Relaunch” eurer Band? Wolltet ihr euch nach dieser Zeit bewusst neu definieren?

Wir waren und sind immer dabei uns zu verändern und die meisten Dinge von denen man denkt wir hätten sie minutiös geplant, sind uns in Wirklichkeit nach und nach passiert bzw entstanden, aus Lust, Laune und Swag. Es gibt ja nichts langweiligeres als plötzlich zu beschließen "cool" zu sein. Und das hat ja auch noch nie funktioniert.

Euren neuen Sound hab ihr vor etwas mehr als einem Jahr mit “Feinste Seide EP” präsentiert und seit auf unglaublich positives Feedback gestoßen. Wie würdest du den Enstehungsprozess, zwischen Medienrummel und während der Tour, von Schick Schock beschreiben?

Nach der Festival Saison 2014 sind wir nahtlos zur Produktion von Schick Schock übergegangen, danach direkt auf Tour mit den Beatsteaks, jetzt stehen wir zwei Wochen vor unserer eigenen Tour und dazwischen hatten wir nicht einen Tag frei. Das strengt einen natürlich ziemlich an aber derartig an die Dinge ranzugehen ermöglicht einem auch sowas wie ein Schutzschild dem eigenen Umfeld gegenüber aufzubauen. Demnach haben wir zu dieser Zeit wahrscheinlich am aller wenigsten mitbekommen was für ein Druck auf uns lag, falls dieser Druck überhaupt je existiert hat.

Kommt mit dem neuen Sound auch eine neue Arbeitsweise?

Die Arbeitsweise für Schick Schock war eine sehr digitale. Wir haben unsere Ideen zusammengetragen und die Studioboxen rauchen lassen.
Dabei war jeder Song unterschiedlich. Das eine mal sampelst du deine eigenen Proberaumdemos und bastelst Sounds darüber, beim nächsten Track hast du einen programmierten Beat, realisierst aber dass dir das nicht genug ist, geht’s ins Studio und spielst den ganzen Song mit echtem Schlagzeug ein.
Alles in Allem sollte dieser Prozess nie aufhören zu fließen bzw sich zu verändern.

Seit 2013 scheint euch der der deutschsprachige Musikmarkt zu vergöttern - verändert das den Drive innerhalb einer Band?

Ich denke tief drin bestätigt dieser nachbarländische Respekt nur noch mehr das Bedürfnis nach etwas Neuem und unseren Wunsch etwas zu schaffen, das die fehlende Würze zum, leider sehr faden Musiklandschaftssüppchen beiträgt. Aber keine Angst, es kommt ja eh ein neuer Tanz auf.

Von den blondierten Haaren zu den kessen Outfits bis hin zu den Videos - wieviel “Inszenierung” steckt in Bilderbuch?

Am Anfang steht immer ein Gefühl und das, was ohnehin auf natürliche Art und Weise aus jedem von uns rauskommt, ob es nun die Haare, die kessen 80er Outfits, die Videos oder die Live Shows sind. Die Schwierigkeit besteht dann allerdings darin, all diese Dinge zu kultivieren, zu pflegen und im richtigen Moment auf den Punkt zu bringen und ja, das könnte man als Inszenierung bezeichnen. Ich aber würde sagen es ist eher ein "nach außen projizieren" unseres Band Vibes.

Gratuliere an dieser Stelle zu eurem Auftritt beim Eurosonic! Wie siehts mit euren Ambitionen fürs nicht-deutsprachige Ausland aus?

Da wollen wir den Mund nicht zu voll nehmen.Vorerst geben wir uns dankbar mit der derzeitigen Situation zufrieden und das Wembley Stadium können wir auch nächstes Jahr noch spielen.

Nach einer sehr erfolgreichen Supporttour mit den Beatsteaks folgt eure Headlineshow diesen Frühling in - bereits jetzt - ausverkauften Häusern - scheint das auch mal surreal?

Ich musste erst kürzlich wieder an ein Billy Talent Konzert, 2006, im ausverkauften großen Saal des Posthof Linz (AUT) zurückdenken. Ich war damals 15 und als ich diese, mit 1200 Menschen gefüllte Halle betrat kam es mir vor als stünde ich in einem Stadion und ich träumte davon auch irgendwann mal so ein Konzert spielen zu können. Jetzt haben wir dieses „Stadion“ gerade ausverkauft und ja, das ist surreal.

Die Beatsteaks, seit Jugendtagen Freunde, feiern heuer 20jaehriges Bestehen - sieht so auch die ideale Zukunftsvorstellung für euch aus ?

Ganz ehrlich, ja.

Was habt ihr von der Tour mit ihnen mitgenommen? Musikalisch? Menschlich?

Die Beatsteaks sind eine wirklich leiwande Band und die gemeinsame Tour mit ihnen wird uns ewig in Erinnerung bleiben.Wir haben gelernt dass man nicht zwangsläufig ein Arschloch werden muss, nur weil man große Hallen spielt und einem die Mädels nachlaufen.Und natürlich haben wir gelernt nie zu vergessen ordentlich zu rocken.

Wie würdest du euer Album Schick Schock in drei Worten beschreiben?

Fresh, Kess, Funky.

Nach Filmsoundtrack, Best-dressed Listen und ausverkauften Hallen - welchen Traum gilt es sich noch in der “Bilderbuch Karriere” zu erfüllen?

Das ist vielleicht ein wenig viel verlangt aber grundsätzlich wär´s wünschenswert etwas zu schaffen das bleibt und auch dann noch Bestand hat wenn wir uns irgendwann mal die Radischen von unten anschauen.
Aber das hat noch Zeit.

Februar 2015