London Grammar

Interview

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Irgendwo zwischen den minimalisitischen Elektrosounds von „The xx“ und den wildromantischen Klängen von „Florence + The Machine“ könnte man „London Grammar“ verorten, eine der aufstrebenden jungen Londoner Bands, die 2013 in aller Munde waren. Wir trafen uns mit dem Trio, um über die Wurzeln der Band und die Inspirationsquellen für ihre erstes Album zu sprechen

Hi, für alle diejenigen, die Euch noch nicht kennen, könnt Ihr vielleicht kurz erklären wie es zu Eurem Bandprojekt gekommen ist?

Dan Rothman: Ich habe Hannah in meinem ersten Jahr an der Nottingham Uni getroffen. Wir haben zusammen im selben Studentenwohnheim gewohnt. Und dann haben wir mit kleineren Konzerten in der Gegend angefangen. Kurze Zeit später trafen wir Dot, der ein Jahr unter uns war.

Wie seid Ihr auf Euren Namen gekommen?

DR: Das ist keine sehr spannende Geschichte. Als Hannah und ich zum ersten Mal gemeinsam in Nottingham gespielt haben dachten wir nur, dass wir „London“ im Namen haben wollten – einfach um uns zu unterscheiden von den anderen Bands, die da so auftraten. Dann haben wir einfach „Grammar“ mit London kombiniert, weil wir fanden, dass es sich gut anhört! Mehr war das nicht.

Habt Ihr vorher auch unabhängig voneinander schon Musik gemacht?

DR: Vor London Grammar hatten wir alle schon Songs geschrieben und performt – allerdings eher auf Schulband-Ebene. Also eher amateurhaft! Für London Grammar haben wir alle zum ersten Mal ernsthafter musikalisch gearbeitet und die Songs haben dann auch ein größeres Publikum erreicht.

Ihr hattet wahrscheinlich auch einen ähnlichen Musikgeschmack, als ihr Euch begegnet seid, oder?

DR: Tatsächlich hören wir alle sehr unterschiedliche Sachen und es kommt schon mal vor, dass wir viel über bestimmte Musiker oder Bands diskutieren. Es gibt natürlich einige, die wir alle super finden wie z.B. Radiohead, Little Dragon oder The National. Meistens sind das Bands mit einer ähnlichen Ästhethik wie London Grammar – also Bands, die sehr melancholische Musik machen! Größter Streitpunkt sind immer The Smiths. Ich bin ein Riesenfan und Dot hasst sie, besonders Morrissey’s Stimme.

Kannst Du drei Alben vom letzten Jahr nennen, die ihr alle gut fandet?

DR: Jon Hopkin’s „Immunity“. Er ist ein wunderbarer Produzent und seine experimentellen Elektrosounds sind bei weitem die spannendsten, die es gerade so auf dem Markt gibt. Dann mochten wir all sehr „Trouble Will Find Me“ von The National. Eine sehr gutes Album – jeder Song ist brilliant. Als letztes würde ich noch Disclosure’s Debütalbum nennen, weil die echt was bewegt haben mit ihrer Platte. Und wir hatten wirklich Glück das mitzubekommen.

Herzlichen Glückwunsch auch zur Eurem großartigen Album „If You Wait“. Wie lange habt Ihr daran gearbeitet insgesamt?

DR: Danke für das Kompliment! Wenn man die Zeit vom Schreiben des ersten Stücks bis zum Abschluss des Albums im Studio nimmt, haben wir wohl ca. drei Jahre daran gebastelt. Es war schon eine ziemlich lange Zeit, weil wir ziemlich genau gearbeitet und viel experimentiert haben. Aber das ist für Debütalben im allgemeinen ja nicht untypisch.

Für all diejenigen, die Euer Album jetzt zum ersten Mal hören werden – was kann man erwarten?

DR: Es gibt mehr von dem Sound, der auch schon auf unserer EP zu hören war, die wir vorher veröffentlicht haben. Wir wollten ein Album machen, das eine durchgängige Idee und einen einheitlichen Stil verfolgt. Trotzdem gibt’s ein paar kleine Überraschungen inklusive eines Coversongs...

Soundmäßig – was habt Ihr erreicht mit dem Album?

DR: Hauptsächlich, dass wir Musik gemacht haben, die die Leute gefühlsmäßig anspricht – und die ganz simple aber trotzdem raumgreifend produziert ist – eine Platte in einer stringenten, einheitlichen Stimmung. Unsere Lieblingsalben sind auch immer die, die ganz solide und wie aus einem Guß gemacht klingen wie z.B. „Spirit of Eden“ von TalkTalk oder die Filmmusik von Thomas Newman.

Ihr werdet auch oft mit „The xx“ vergleichen – ein fairer Vergleich?

DR: In mancher Hinsicht sicherlich. Wir haben ähnliche Harmonien in einigen unserer Songs. Wenn man aber Hannahs Stimme und unsere Songstrukturen nimmt, passt ein Vergleich wiederum nicht mehr.

Euer Album wurde produziert von Tim Bran und Roy Kerr, die beide eigentlich sehr unterschiedlich arbeiten. Wie wars mit den beiden im Studio?

Die arbeiten schon gemeinsam – jedenfalls haben wir immer mit beiden zusammen gearbeitet. Tim hat unglaublich viel Erfahrung beim Aufnehmen von live Instrumental- und Vocaltracks, Roy hat mehr Ahnung von Elektro-Produktion.

Es war bestimmt ihr Verdienst, dass wir genügend experimentieren konnten und letztlich alle Elemente auf dem Album kombinieren konnten, an denen wir in den letzten Jahren gearbeitet hatten. Sie haben uns nicht ihren Stil aufgedrückt, sondern uns vielmehr zur Seite gestanden, unseren ganz eigenen Sound zu finden – genau das sollte ein guter Produzent ja auch machen.

Eure Lyrics sind sehr melancholisch. Was hat Euch beim Texteschreiben inspiriert, Hannah?

Hannah Reid: Ganz bestimmt mein eigenes Leben, Begegnungen mit und Beziehungen zu den unterschiedlichsten Leuten. Mich fasziniert die menschliche Psyche – und das verarbeite ich dann in unseren Songtexten.

Hast Du einen Lieblingssong auf dem Album?

HR: ‚If You Wait’. Es ist schon zwei Jahre her, dass ich den Song geschrieben habe und er liegt mir sehr am Herzen.

DR: ‚Shyer’ und ‚If You Wait’, weil es die beiden Songs sind, die ich überhaupt noch hören kann!

Dot Major: ‚Sights’. Wahrscheinlich der am fettesten produzierte Songs auf dem Album.

Ihr habt einen kometenhaften Aufstieg hinter Euch. Was war bisher das surrealste Kapitel in der Geschichte von London Grammar?

DR: Ich denke am unglaublichsten ist für mich der Verbreitungsgrad unserer Musik außerhalb Englands. Dass unser erster Song ‚Hey Now’ in Australien so eine Hysterie ausgelöst hat, war schon bizarr. Und auch die Konzerte in Deutschland und Polen vor riesigem Publikum waren irre.

Toll war aber auch kürzlich eine Show in Wilderness. Wir haben erst spät nachts gespielt auf einer ganz kleinen Bühne vor vielleicht 3000 Leuten. Das war auch super!

Zum Schluss: Was sind Eure nächsten Ziele?

DR: Ich glaube, wir würden alle gerne ein zweites und vielleicht auch drittes Album machen. Einfach weiterhin gute Musik machen, das ist unser Hauptziel.

September 2013